Die rheumatoide Arthritis stellt die häufigste entzündliche Erkrankung des rheumatischen Formenkreises dar und kann sich in jedem Alter, am häufigsten jedoch zwischen der 4. und 5. Lebensdekade manifestieren. Frauen sind 3-mal häufiger betroffen als Männer.1 In Österreich leiden rund 62.500 Menschen an rheumatoider Arthritis.2 Als systemische Autoimmunerkrankung nimmt sie bei einem Großteil der Betroffenen einen chronischen Verlauf, der häufig in ausgeprägter Gelenkszerstörung und funktionellen Behinderungen und damit verbunden in einer Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit mündet. Gerade bei einer Erkrankung mit so hohen volkswirtschaftlichen Folgen sollten daher neue medizinische und pharmaökonomische Erkenntnisse bei der Therapiewahl berücksichtigt werden.
Seit 2007 gibt es die Empfehlungen der Europäischen Liga gegen Rheumatismus (EULAR) für das Management der frühen rheumatoiden Arthritis (RA). So sollten Patienten mit erhöhtem Risiko eines erosiven oder persistierenden RA-Verlaufes bereits so früh wie möglich therapiert werden – mit dem Ziel einer Remission (= vorübergehende Rückbildung von Krankheitssymptomen). Eine breite Umsetzung dieser EULAR-Empfehlungen im Kontext des österreichischen Gesundheitswesens ist sowohl aus medizinischer wie auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll, da nur ein Zusammenspiel von exakter Diagnosestellung und rechtzeitiger, dem Stand der Wissenschaft entsprechender Behandlung eine Minimierung von Folgeschäden mit den bekannten medizinischen und ökonomischen Konsequenzen gewährleisten kann.
Die Chancen auf einen optimalen Therapieerfolg sinken mit zunehmendem Krankheitsverlauf. Das „Window of Opportunity“ bezeichnet dabei jenes Zeitfenster, in dem eine Behandlung die größtmöglichen Erfolge verspricht. Studienergebnisse beschreiben hier einen Zeitraum von 3 Monaten.
Wird bei Patienten trotz intensiver Vortherapie mit einem klassischen DMARD (Disease Modifying Antirheumatic Drug), wie z. B. Methotrexat, das Ziel der Remission nicht erreicht, kann eine sofortige Umstellung auf ein Biologikum sinnvoll sein. Nur wenn auch diese Möglichkeit gegeben ist, kann das Risiko von schwerwiegenden Krankheitsverläufen mit all ihren Folgen für die Betroffenen wie auch für die Gesellschaft und das Gemeinwesen reduziert werden.
Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis werden zu Beginn in der Regel eine Schmerztherapie mit NSARs (nichtsteroidale Antirheumatika, Entzündungshemmer) und eine immunmodulierende Basistherapie eingesetzt. Als Basistherapie wird zumeist Methotrexat (MTX) verabreicht. Wenn der Patient nicht auf diese Basistherapie anspricht, sollte bereits daran gedacht werden auf ein Biologikum umzustellen (meist Kombinationstherapie aus Methotrexat und Biologikum). Die derzeit am meisten eingesetzten Biologika sind die sogenannten TNF-α-Blocker, die überschießende Entzündungsvorgänge blockieren sollen. Der Tumor-Nekrose-Faktor-alpha ist ein Zytokin (multifunktionaler Signalstoff), das bei Entzündungen eine wesentliche Rolle spielt. Diese Zytokine werden durch den Einsatz von Biologika, die Kopien von natürlichen Gegenspielern der inflammatorischen Zytokine sind, geblockt, womit die Anfachung der Entzündungen unterbunden wird. Die TNF-α-Blocker fangen die entzündungsfördernden Zytokine ab und sorgen so für eine Verminderung der entzündlichen Prozesse im Körper.
Die Biologika Adalimumab, Etanercept und Infliximab werden bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis derzeit am häufigsten eingesetzt. Bislang gibt es keine direkten Vergleichsstudien, die Wirkung der im Einsatz befindlichen Biologika ist im Wesentlichen aber ungefähr vergleichbar. Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit Biologika zeigt bislang überzeugende Erfolge: Bis zu 50% der Patienten, die bereits sehr früh mit TNF-α-Blockern behandelt werden, erreichen eine deutliche Verbesserung der Krankheitsaktivität bis hin zu einer Remission.5 Bei Patienten, die schon jahrelang und an einer fortgeschrittenen Form der rheumatoiden Arthritis leiden, sinkt diese Erfolgsquote. In Studien wurde nachgewiesen, dass eine Monotherapie mit Biologika der Kombinationstherapie aus Biologika und Methotrexat nicht überlegen ist. Nach drei bis sechs Monaten sollte überprüft werden, ob der Patient auf die Behandlung anspricht. Ist dies nicht der Fall ist, können die Biologika „der jüngeren Generation“ zum Einsatz kommen.
Quellen: 1) Rheumatologie in Kürze, 2006: Hrsg. Villinger P, Seitz M, Thieme Verlag, S.57 2) Combe B et al; EULAR recommendations for the management of early arthritis: report of a task force of the European Standing Committee for International Clinical Studies Including Therapeutics (ESCISIT). Annals of the Rheumatic Diseases 2007; 66:34-45 3) Nell VPK et al; Benefit of very early referral and very early therapy with disease-modifying antirheumatic drugs in patients with early rheumatoid arthritis. Rheumatology 2004; 43:906-914 4) Emery et al; Comparison of methotrexate monotherapy with a combination of methotrexate and etanercept in active, early moderate to severe rheumatoid arthritis (COMET): a randomized, doubleblind, parallel treatment trial. The Lancet 2008; 372:375-382
Weiterführende Informationen: Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR): http://www.rheuma2000.at
Pressekonferenz: Neue Verordnungsregelung: Leitlinienkonforme frühe Therapie der rheumatoiden Arthritis mit Biologika nun möglich 27. April 2009 | 10:00 Uhr | Presseklub Concordia, 1010 Wien