Was die Akupunktur kann und wer von ihr profitiert

04.07.2009 23:53
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Altes Heilwissen, mit modernen Methoden erforscht: Was die Akupunktur kann und wer von ihr profitiert - Österreichische Akupunkturgesellschaft wird 55


"Das Anliegen der Österreichischen Akupunkturgesellschaft ist, die traditionelle, aus China stammende Akupunktur mit der modernen, naturwissenschaftlich orientierten sogenannten Schulmedizin sinnvoll zu verbinden. Heute kann man wohl davon ausgehen, dass die Akupunktur sich der Schulmedizin sehr stark angenähert hat, ja sogar ein Teil von ihr geworden ist." So Prim. Univ.-Prof. Dr. Helmut Nissel (Ärztlicher Direktor des Kaiserin Elisabeth-Spitals Wien, Präsident der Österreichischen Akupunkturgesellschaft, ÖAG, und des Johannes Bischko Institutes für Akupunktur, JBIA) anlässlich des 3. Internationalen Johannes Bischko-Symposiums der ÖAG, die dieses Jahr 55 Jahre alt wird.

Im Sinne des ÖAG-Gründers und österreichischen Akupunktur-Pioniers Univ.-Prof. Dr. Johannes Bischko betreibt und fördert die ÖAG die Erforschung der Wirkungsweise und Wirksamkeit der Akupunktur. Die Akupunktur, so Prof. Nissel, wirkt nach heutigem Wissen auf mehrfache Weise:

• Nervös-reflektorisch: Impulse, die man bei einer Akupunktur-Behandlung setzt, wirken
auf verschiedenen Ebenen des Zentralnervensystems und bewirken eine veränderte
Schmerzverarbeitung bzw. Schmerzwahrnehmung.
• Humoral-endokrin: Man konnte nachweisen, dass durch Akupunktur vermehrt Substanzen
freigesetzt werden, die schmerzlindernd, psychisch regulierend, aber auch abwehrsteigernd
wirken (z.B. Endorphin, ACTH)
• Durchblutungsfördernd
• Entspannend auf die Muskulatur, und zwar nicht nur am Ort des Nadelstiches, sondern
auch weit entfernt davon im "Zielgebiet" des Punktes.
• Immunmodulierend: Die körpereigene Abwehrkraft wird verbessert und gestärkt.

Prof. Dr. Alexander Meng, Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, Vizepräsident der ÖGA und des JBIA: "Heute kennen wir mehr als 100 Indikationen für eine wirksame Akupunktur. Darunter sind Schmerzen des Bewegungsapparates wie die Arthrose und die Arthritis, Krankheiten des Nervensystems wie die Migräne, oder Halbseitenlähmungen nach einem Schlaganfall. Aber auch so manche Störungen mit vegetativen, psychosomatischen Aspekten sprechen gut auf Akupunktur an." Die Haupteinsatzgebiete der Akupunktur im Westen, so Prof. Nissel, sind heute akute und chronische Schmerzen, Asthma und Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes: "Die Akupunktur wirkt vor allem bei gestörten, aber nicht zerstörten Strukturen. Sie ist eine wertvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für die schulmedizinische Diagnostik."

Weniger Schmerz, weniger Medikamente: Dokumentierte Akupunktur-Erfolge bei Rheuma, chronischen Schmerzen, Endometrios

"Mit sehr gutem Erfolg wird heute Akupunktur bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie z.B. degenerative Gelenkserkrankungen und Weichteilrheumatismus eingesetzt", so Prof. Nissel. "Rheumatische Erkrankungen stehen auch in der Akupunktur-Ambulanz des Kaiserin Elisabeth-Spitals an vorderster Stelle. Statistisch gesehen kann in 75 Prozent der Fälle mit Akupunktur-Therapie eine deutliche Besserung erzielt werden."

Auch bei der Fibromyalgie, einer Erkrankung mit Schmerzen häufig am ganzen Körper, die schulmedizinisch nur schwer behandelbar ist, zeigt die Akupunktur gute Erfolge. Bei einigen Erkrankungen dieses Formenkreises wird die rheumatische Grunderkrankung mit schulmedizinischen Methoden behandelt und die Akupunktur begleitend zur Schmerztherapie eingesetzt. "Dies hat für die Patienten den Vorteil, dass sie weniger Schmerzmedikamente einnehmen müssen", so Prof. Nissel.

Prof. Meng: "In einer Langzeitstudie an unserer Ambulanz können wir nachweisen, dass bei Patienten mit chronischen Schmerzen mittels Akupunktur in etwa 60 Prozent der Fälle eine gravierende Schmerzlinderung eintritt und sich die psychische Verfassung, wie Angstzustände oder Depressionen auffallend positiv verändert. Der Bedarf an Medikamenten kann damit deutlich reduziert werden."

Dr. Evemarie Wolkenstein (Ärztin für Allgemeinmedizin, Institut Wolkenstein, Wien) berichtet über eine von ihr durchgeführten Untersuchung zur Akupunktur als begleitende Schmerztherapie bei Endometriose, einer Gewebewucherung im Beckenbereich: "Die Patientinnen wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt über zehn Wochen eine spezifische Akupunktur-Behandlung, die zweite Gruppe erhielt eine wirkungsvolle, aber unspezifische Behandlung. Nach einem Beobachtungszeitraum von zwei Monaten wurden die Behandlungsarten der beiden Gruppen getauscht. Die gezielt behandelten Patientinnen in der Verum-Gruppe hatten eine signifikante Verbesserung der Schmerzen und eine deutliche Erhöhung der Lebensqualität."

Allerdings kann mittels Akupunktur nicht alles damit behandelt werden, und es gibt einen Zeitpunkt, zu dem man auf andere Methoden umschwenken muss, so Prof. Nissel: "So ist es nicht sehr sinnvoll zu versuchen, ein durch eine rheumatische Erkrankung zerstörtes Kniegelenk mittels Akupunktur wieder herzustellen. Hier wird es sinnvoller sein, ein künstliches Kniegelenk einzusetzen."

Akupunktur zur Leistungssteigerung im Sport

Vor allem chinesische Ärzte wenden Akupunktur bei Olympioniken mit großem Erfolg an, so Univ.-Prof. Dr. Norbert Bachl (Leiter des Zentrums für Sportwissenschaft und Universitätssport der Universität Wien). Sportärzte die TCM praktizieren haben die Theorie aufgestellt, dass durch exzessives Training verursachte Müdigkeit den Körper ebenso beeinflussen kann wie eine Krankheit. "Man stellte fest, dass der gezielte Einsatz von Akupunktur hier nicht nur das Schmerzempfinden und das Training positiv beeinflussen kann, sondern auch auf die Stimmung wirkt", berichtet Prof. Bachl. "Dies wird auf das verstärkte Ausschütten von Endorphinen zurückgeführt."

In verschiedenen Studien zeigte sich, dass Akupunktur die elektrische ("elektromyografische") Aktivität der stimulierten Muskeln erhöht. Prof. Bachl: "Akupunktur hat das Potenzial den Muskeltonus zu beeinflussen, so dass sich Muskeln entspannen und verlängern können. Die zusätzlichen analgetischen Effekte der Akupunktur auf Muskelschmerzen sowie auf Trainings-bedingte Müdigkeit sprechen für diese Methode." Die Ergebnisse der Studien lassen darauf schließen, "dass Akupunktur zur Leistungssteigerung im Sport beitragen kann, weil vorhandene Kapazitäten besser ausgenützt werden können, es zu einem besseren Sauerstofftransport im Körper kommt und die Organe insgesamt besser versorgt werden."

Laserakupunktur und Probiotika bei Schulkindern mit Asthma.

In einer randomisierten, placebokontrollierten doppelblinden Studie wurden Kinder im Alter zwischen sechs und 12 Jahren mit Asthma in zwei Gruppen geteilt, berichtet Dr. Wolkenstein. Die Verum-Gruppe erhielt Laserakupunktur und probiotische Darmbakterien, die zweite Gruppe ein Placebo und eine Laserakupunktur-Behandlung ohne Laserstrahlen. Dr. Wolkenstein: "Nach zehn Wochen zeigte sich, dass in der Verum-Gruppe die bronchiale Hyperreaktivität im Vergleich zur Placebogruppe signifikant zurückgegangen war. Zusätzlich konnten die Forscher einen deutlichen Rückgang von akuten fieberhaften Infekten in der Verum-Gruppe beobachten."

TCM trägt zum psychischen Wohlbefinden bei - dasSub-Health-Concept in der TCM

Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Burnout nehmen ständig zu und zählen in der EU bereits zu den Spitzenreitern, was Arbeitsausfälle und Krankenstände betrifft. Dr. Wolkenstein: "Hier gibt die TCM Anleitungen, wie man diese Erkrankungen bereits im Vorfeld vermeiden kann. Der Unterschied zur klassischen Schulmedizin ist, dass der Patient auch die Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen muss und der Arzt nicht nur als Reparaturanstalt gesehen wird."

In der Behandlung psychischer Erkrankungen wird ganzheitlich, mit verschiedenen Methoden, vorgegangen. So wird man bei stressbedingten Erkrankungen zuerst herauszufinden versuchen, was die Stressoren sind, die den Patienten belasten. Dr. Wolkenstein: "Das können verschiedene Faktoren sein, wie eine Mehrfachbelastung durch Beruf, Kinder und Haushalt, Mobbing am Arbeitsplatz etc. Danach wird man versuchen, mit dem Patienten gemeinsam Wege zu finden, wie er sich Energie wieder holen kann. Dies kann z.B. durch die richtige Ernährung geschehen. Außerdem ist es in solchen Situationen wichtig, dass sich die Betroffenen "Inseln" der Erholung schaffen, wo sie sich entspannen können. Da mit psychischer Anspannung auch immer eine körperliche Anspannung einhergeht, kann man Verspannungszustände mittels Akupunktur sehr gut lösen."

Diskutiert wurde auf dem Symposium auch das Sub-health-Konzept. Unter Sub-health versteht man einen Zustand mit reduzierter Vitalität und Adaptationsfähigkeit ohne definierte Krankheitsdiagnosen, eine physiologische Phase zwischen Krankheit und Gesundheit. Schwierige Arbeitsbedingungen und inadäquate Gesundheitserziehung begünstigen die Entstehung vom Sub-health. Hauptsymptome sind chronische Müdigkeit, depressive Stimmungslage, Angst, Schlafstörung, Konzentrationsmangel, Reizbarkeit, Schwindel, etc. Die präventiven Maßnahmen der TCM wie die therapeutische Diätetik, Atemübungen oder Akupressur können für die Prophylaxe und die Linderung von Sub-health Hilfe leisten. Die gezielte Therapie mit Akupunktur und chinesischen Arzneimitteltherapie soll den Sub-health-Zustand wieder in ein harmonisches Yin-Yang-Gleichgewicht zurückführen.

Forschung in der Akupunktur

Da in der TCM jeder Patient individuell behandelt wird, ist es schwierig, Studien im klassischen schulmedizinischen Design durchzuführen. Dr. Wolkenstein: "Es kann etwa bei der Akupunktur-Behandlung von Kopfschmerzen vorkommen, dass bei zwei Kopfschmerz-Patienten jeweils ganz unterschiedliche Akupunktur-Punkte genadelt werden müssen, um sie von ihren Schmerzen zu befreien. Weiters ist es fast unmöglich, Doppelblind-Studien durchzuführen: Schließlich weiß ein Akupunkteur, ob er in einen Akupunktur-Punkt gestochen hat oder nicht, und dieses Wissen kann bereits die Studienergebnisse beeinflussen. Einen gut gangbaren Weg bieten Laserakupunktur-Geräte, die keine Lichtstrahlen aussenden - der Akupunkteur weiß nicht, ob er bei der Behandlung ein "echtes" oder ein "falsches" Gerät verwendet. Trotz dieser Schwierigkeiten finden sich in wissenschaftlichen Datenbanken wie "Pubmed" über 14.000 Studien und wissenschaftliche Artikel zum Thema Akupunktur."

Die Ursprünge - Aktuelle Herausforderungen

"Das Konzept der Akupunktur war lange Zeit ohne Morphologie, den behaupteten Streifen bzw. Verbindungen oder Meridianen stand kein organisches Korrelat, standen keine nachweisbaren körperlichen Zusammenhänge gegenüber. Eventuell hat man früher die Arterien und Venen als Meridiane aufgefasst", so Prof. Meng. "Heute weiß man, dass in der Akupunktur das Nervensystem und der Sympathikus eine wichtige Rolle spielen. Der Sympathikus verläuft streifenförmig entlang der Arterien, was z.B. den Einfluss der Akupunktur auf Durchblutungsstörungen erklären würde."

Sicherlich sei noch viel Forschung im Zusammenhang mit der Akupunktur erforderlich, sagt Prof. Meng: "Was ist der Stellenwert des Plazebo-Effektes und wie lässt er sich optimal nützen? Welche sind die besten Indikationen für die Kombination mit der Schulmedizin bzw. anderen Methoden der Komplementärmedizin? Welche Heilverfahren der Komplementärmedizin und der Traditionellen Chinesischen Medizin sollten im Westen gefördert und erforscht werden: Heilkräuter, Qigong, Taijiquan? Unser Bestreben gilt, ganz in der Tradition von Prof. Bischko, einer Evidenz-basierten Akupunktur im Besonderen und TCM im Allgemeinen. Daran arbeitet unsere Fachgesellschaft seit nunmehr 55 Jahren."

Akupunktur-Behandlung und Beratung im Kaiserin Elisabeth-Spital

Im Kaiserin-Elisabeth-Spital (A-1150 Wien, Huglgasse 1-3) besteht im Rahmen der Internen Ambulanz der 2. Med. Abteilung eine Akupunktur-Ambulanz. Patienten erhalten nach einer Arztüberweisung auf Krankenkassenkosten eine entsprechende Akupunktur-Behandlung. Anmeldung und Beratung Di, Mi und Do von 11.30 - 12.30 Uhr unter der Telefonnummer 98104/5751.


Quelle:
B&K Bettschart&Kofler Medien


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