Stau auf der Blut-Bahn

02.07.2009 16:34 (zuletzt bearbeitet: 02.07.2009 16:35)
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Ev
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Das menschliche Gefäßsystem ist ein ausgeklügelter Transportmechanismus nach dem Autobahnprinzip: Streng getrennte Richtungsfahrbahnen. Zu Verstopfungen kann es zuweilen dennoch kommen – wofür die Ambulatorien der Wiener Gebietskrankenkasse modernste Diagnose- und Therapiewerkzeuge bereithalten.


Das Netzwerk unserer Blutbahnen könnte seine Aufgabe nicht erfüllen, wenn die Natur es nicht nach dem Prinzip gegenläufiger Einbahnstraßen organisiert hätte: Durch die Arterien pumpt das Herz frisch mit Sauerstoff und Nährstoffen angereichertes Blut überallhin, wo es im Körper gebraucht wird – bis hin zur einzelnen Zelle. Am Rückweg vereinigen sich zarteste Venen zu immer größeren Gefäßen, die schließlich ins Herz münden. Von dort aus wird das „verbrauchte“ Blut zuerst zwecks „Neuaufladung“ Richtung Lunge gepumpt, dann beginnt es neuerlich seine Reise zu den Muskeln und Organen.

Unterschiedliche Aufgaben für Arterien und Venen.
„Arterien und Venen haben also unterschiedliche Aufgaben und sind auch unterschiedlich aufgebaut“, erläutert Dr. Marcus Atteneder, Leiter der Gefäßambulanz des Gesundheitszentrums Wien-Mitte der Wiener Gebietskrankenkasse. „Dementsprechend unterscheiden sich auch die möglichen Krankheitsbilder und die dafür nötigen Diagnose- und Therapieansätze. Beiden gemeinsam ist nur, dass sie sich verstopfen können. Doch auch die Auswirkungen dessen sind höchst unterschiedlich.“
Bei den „Zufahrtsstraßen“ des Blutes, den Arterien, ist die weitaus häufigste Erkrankung die teilweise oder vollständige Verstopfung (Thrombose) durch Material, das eigentlich nicht in die Blutbahn gehört. Die Hauptrisikofaktoren dafür sind alte Bekannte: Bluthochdruck, hohe Blutfettwerte, Diabetes mellitus, Nikotin. „Eine Thrombose entsteht meist durch eine so genannte Plaque-Ruptur. Sie passiert, wenn sich die Blutfette in der Gefäßwand ansammeln, entzündliche Prozesse in der Gefäßwand ablaufen, und schließlich die Innenwand der Arterie aufbricht und die Blutplättchen aktiviert werden,“ erläutert Dr. Atteneder. Verengungen oder losgeschwemmte Thromben (Embolien) führen zur Minderversorgung eines bestimmten Bereiches.

Tückische Thrombosen
Die Symptome einer Thrombose oder Embolie hängen ganz davon ab, wo sie sich ereignet, das heißt, wo im Körper die Sauerstoffzufuhr reduziert oder unterbunden wird: „Wenn das im Gehirn stattfindet, dann kommt es je nach Ort und Heftigkeit zu einem veritablen Schlaganfall oder zu einer vorübergehenden ischämischen Attacke, wie Mediziner diese vorübergehende Störung nennen. Anzeichen dafür sind Seh- bzw. Sprachstörungen oder halbseitiger Lähmung,“ so der WGKK-Angiologe. „Verstopfte Gefäße in den Beinen führen zur so genannten Schaufensterkrankheit, in der Fachsprache Claudicatio intermittens.“
Im gängigen Namen der Krankheit sind die typischen Symptome beschrieben: Betroffene können nur kurze Strecken, „von Schaufenster zu Schaufenster“ gehen, bevor heftiger Schmerz sie zu einer Pause zwingt. Im fortgeschrittenen Stadium treten die Schmerzen sogar in Ruhe auf, in noch fortgeschrittenerem stirbt das unterversorgte Gewebe ab.

Neben der krankhaften Verengung der Arterien gibt es auch eine gefährliche Erweiterung der Gefäßwand – das so genannte Aneurysma, das zwei große Gefahren in sich birgt. Dr. Atteneder: „Erstens kann das Gefäß an der erweiterten Stelle platzen, was bei Schlagadern meist tödlich endet, und zweitens kann es zu einer Thrombose in bzw. Embolie aus der sackartigen Erweiterung kommen.“
Abhängig vom klinischen Stadium stehen gegen arterielle Verschlusskrankheiten verschiedene Therapievarianten zur Verfügung: Mit Medikamenten soll das Risiko, zum Beispiel die Blutfettwerte, verbessert werden, häufig werden auch so genannte Thrombozytenfunktionshemmer, die das Zusammenkleben der Blutplättchen verhindern, oder gefäßerweiternde Substanzen verschrieben. Auch Eingriffe sind möglich, zum Beispiel das Aufdehnen der blockierten Gefäße mittels eines Katheters, eventuell verbunden mit dem Einsatz eines dehnenden Metallgitters (Stent), oder eine Bypass-Operation.

Venen in Gefahr
Aus Erweiterungen, Verstopfungen und Entzündungen besteht auch das Spektrum möglicher Erkrankungen der Venen – allerdings mit ganz unterschiedlichen Symptomen und Gefahren. Die bekanntesten Probleme – Varizen oder „Krampfadern“ – führen dabei zu den häufigsten Missverständnissen. Dr. Atteneder: „Wir haben täglich mehrere Patienten, die ihre Venen wegen nächtlicher Beinkrämpfe untersuchen lassen wollen. Das Wort ‚Krampfader’ entstammt aber dem althochdeutschen Ausdruck für ‚krumm’, hat also mit ‚Krampf’ nichts zu tun. Tatsächlich verstehen wir darunter krankhaft erweiterte Venenstränge, die sich durch Schwellungen, Spannungsgefühl, Juckreiz und Verfärbungen der Haut bemerkbar machen. Die Symptome entstehen, weil das Klappensystem der Venen durch deren Erweiterung überfordert ist, und das Blut sich daher in den Venen staut.“
Krampfadern sind zunächst ungefährlich und durch Kompressionsstrümpfe, chirurgische Eingriffe („Stripping“), Laseroperationen oder Verödung in den Griff zu bekommen. Thrombosen der tiefen Beinvenen können hingegen böse enden, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Entstehen können solche Verstopfungen durch zu geringe Strömungsgeschwindigkeit des Blutes, durch eine verstärkte Gerinnungsneigung oder durch Gefäßwandveränderungen, „Die große Gefahr besteht in der Loslösung eines venösen Thrombus, der zu einer Embolie in der Lunge führt“, so Dr. Atteneder. „Eine solche Lungenembolie kann schwerwiegende Veränderungen im Kreislauf bewirken und im schlimmsten Fall zum Tod führen.“ Symptome einer Verstopfung von Lungengefäßen sind Schmerzen im Brustkorb, Atemnot, Husten und/oder Blut spucken.

Aber auch oberflächliche Venen können von einer Thrombose befallen werden, man spricht dann von einer Thrombophlebitis , die mit einer Entzündung einhergeht und meist einen geröteten, verhärteten oberflächlichen Venenstrang bewirkt. Bei venösen Erkrankungen können Kompressionsstrümpfe helfen sowie Substanzen, die eine Bildung von Blutgerinnseln verhindern, wie niedermolekulares Heparin und Kumarine.

Moderne Diagnosemethoden
Wie aber lassen sich die verschiedenen Gefäßprobleme erkennen und unterscheiden? Dafür halten die Ambulatorien der Wiener Gebietskrankenkasse modernste diagnostische Methoden bereit. „Während sich das Vorliegen einer Schaufensterkrankheit leicht durch einen Vergleich des Blutdrucks in Arm- und Beinarterien feststellen lässt, brauchen wir zu ihrer weiteren Abklärung und Therapieplanung nicht-invasive bildgebende Verfahren“, stellt Dr. Marcus Atteneder klar. „Am häufigsten kommt dabei heute die Duplexsonographie zum Einsatz, ein Ultraschallverfahren, mit dem wir auch die Flussgeschwindigkeit des Blutes messen können und Verstopfungen sowohl arteriell als auch venös bildlich zur Darstellung bringen können.“
Und der Rolls-Royce der bildgebenden Verfahren, die Magnetresonanzangiographie? „Sie sollte nicht routinemäßig, sondern nur für spezielle Fragestellungen oder zur genaueren Therapieplanung eingesetzt werden“, so Fachmann Dr. Atteneder.



Die Gefäßspezialisten der WGKK
Die Wiener Gebietskrankenkasse bietet eine Reihe von Anlaufstellen für die Diagnose und Therapie von Gefäßkrankheiten. Bitte vereinbaren Sie einen Termin.

Gefäßambulanz des Hanusch-Krankenhauses:
Vorstand: Prim. Univ. Prof. Dr. Mirko Hirschl
Telefon: 01- 91021-86130
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 07.00 bis 14.00 Uhr

Gefäßambulanz Gesundheitszentrum Wien-Mitte
Arzt: Dr. Marcus Atteneder
Telefon: 01 - 601 22-40376
Öffnungszeiten: Montag von 07.00 bis 14.15 Uhr; Dienstag und Donnerstag von 07.00 bis 14.45 Uhr; Mittwoch von 07.00 bis 13.15 Uhr; Freitag von 07.00 bis 14.00 Uhr
Auskunft und Terminvereinbarung unter der Telefonnummer: (+43 1)

Gefäßambulanz Gesundheitszentrum Wien-Mariahilf
Arzt: Dr. Mahdi Al-Awami
Telefon: 01- 601 22-40601
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 07.00 bis 14.15 Uhr; Freitag von 07.00 bis 14.00 Uhr

Gefäßambulanz Gesundheitszentrum Wien-Süd
Ärzte: Dr. Wilfried Röthy; Dr. Martina Sonnenfeld
Telefon: 01- 601 22-4220.
Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag von 07.00 bis 14.00 Uhr; Mittwoch von 07.00 bis 17.00 Uhr; Freitag von 07.00 bis 12.00 Uhr


Quelle:
People-Magazin
Ausgabe 2/09


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