Expertenrunde bot heißen Schlagabtausch zwischen Impfkritikern und -befürwortern
03.04.2009, Rheuma-Selbst-hilfe.at.com)
"Sind Impfungen Schutz oder Schaden für den menschlichen Körper?" - Diese Frage stand im Zentrum einer "Hot Doc"-Podiumsdiskussion der Ärztekammer für Wien, die gestern, Mittwoch, Abend im ORF-Radiokulturhaus über die Bühne ging. Sowohl im Publikum als auch bei den Experten auf dem Podium schlugen die emotionalen Wogen hoch - Impfkritiker wie -befürworter verteidigten standhaft ihre Haltungen. Von "österreichischer Erfolgsgeschichte" bis hin zu "regelrechte Psycho-Kampagnen der Hersteller" war dabei die Rede.
Als "österreichische Erfolgsgeschichte mit volkswirtschaftlichem Effekt" bezeichnete Rudolf Schmitzberger, Kinderarzt und Impfreferent der Ärztekammer für Wien, das Thema "Impfungen". So habe Österreich als eines der ersten Länder die Impfung gegen Rotaviren in das Gratis-Impfkonzept aufgenommen. "Neben der Verhinderung von persönlichem Leid durch die Reduzierung dieser schweren Durchfallserkrankung konnten bislang nachweislich 11.000 Spitalaufenthalte eingespart werden."
Ein weiterer positiver Aspekt sei neben dem Schutz des Einzelnen auch der Schutz der Umgebung, so der Experte. Indem nicht nur Mädchen, sondern auch alle Buben eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung erhielten, würde etwa verhindert, dass ein an Röteln erkranktes Kind eine schwangere Frau anstecke. In weiterer Folge könnte eine durch Röteln ausgelöste schwere Erkrankung des Ungeborenen vermieden werden, betonte Schmitzberger.
Impfungen sind für den Patienten zu teuer
Für eine "Steigerung der Durchimpfungsrate" setzte sich Wolfgang Maurer von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde ein. Dadurch könne man den Infektionsdruck senken und Ausbruchsintervalle verkürzen. Epidemien würden weniger Opfer fordern. Der Impfexperte übte jedoch Kritik an den hohen Kosten für Impfungen, wie etwa jene gegen Gebärmutterhalskrebs oder Pneumokokken, die von den Patienten privat zu bezahlen sind. "Mit ein Grund für die schlechte Durchimpfungsrate in Österreich ist eine ausgeprägte Zwei-Klassen-Medizin."
Maurer prangerte auch die Einstellung von so genannten "anthroposophischen" Ärztinnen und Ärzten an, die Masern als sinnvolle Kinderkrankheit bezeichneten. "90 Prozent der Todesfälle, die durch Masern ausgelöst werden, ereignen sich in den ersten fünf Lebensjahren. Wo soll da bitte der Sinn sein?", so der Experte.
Als "anthroposophischer Kinderarzt" direkt angesprochen war Johann Moravansky, der in der Diskussion entgegnete, dass ein Abwägen der Impfbelastung gegen die Gefährlichkeit der Erkrankung schwierig sei, da jede Impfung einen Eingriff in das Immunsystem bedeute. Zudem sei "Impfen - Ja oder Nein?" auch eine Frage der Weltanschauung, über die die Eltern bestimmen könnten.
Kritik an Herstellern von Impfstoffen
Weitaus kritischer äußerte sich Wissenschaftspublizist Bert Ehgartner: "Impfungen profitieren enorm vom guten Image der Vergangenheit, und die Hersteller nutzen dies weidlich aus." Babys und Kleinkinder würden heute doppelt so viele Impfungen erhalten wie noch in den 1990er-Jahren. Neue Impfungen würden "in regelrechten Psycho-Kampagnen" beworben, bei denen Eltern Angst um das Leben ihrer Kinder gemacht werde.
Die meisten Produkte - etwa HPV, Pneumokokken, Rotaviren - würden in den USA entwickelt und seien auch auf deren Erreger abgestimmt, so Ehgartner weiter. Von europäischer Seite finde kaum eine Erhebung statt. Studien zur Sicherheit oder Wirksamkeit würden ausschließlich den Herstellern überlassen. "Das Meldewesen für Nebenwirkungen ist ein Hohn, die Rolle der Impfungen beim Anstieg der Allergien und Autoimmunkrankheiten wird nicht objektiv geprüft", kritisierte der Publizist. Die Branche kontrolliere sich - finanziert von der Impfstoff-Industrie - weitgehend selbst.
Impfen als wichtigste prophylaktische Maßnahme
Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien, gestand zwar ein, dass der menschliche Körper selbst im Zuge einer Erkrankung einen Schutz gegen bestimmte Krankheitserreger aufbauen könne und in der Folge vor den entsprechenden Krankheiten geschützt beziehungsweise immun sei. "Die Gefahr besteht hier aber darin, dass die Erreger und die initiierten Abwehrvorgänge zu dauerhaften Organ- und Gewebeschäden und Komplikationen, im schlimmsten Fall zum Tod, führen können", warnte die Expertin. Beispiele hierfür seien etwa Gehirnhautentzündungen nach Masern, FSME oder Meningokokkeninfektionen.
Wiedermann-Schmidts Antwort an die Impfgegner lautete daher: "Impfen stellt nach wie vor die wichtigste prophylaktische Maßnahme zur spezifischen Aktivierung der biologischen Abwehrkräfte und der damit verbundenen Infektabwehr unseres Körpers dar."