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Patienten erhalten nur noch das günstigste Medikament
Was jetzt in Salzburg als Pilotprojekt startet, soll in ganz Österreich kommen. Die Pharmaindustrie wehrt sich. Auch Ärzte sehen Neuregelung zum Teil kritisch.
Die Sache hat die österreichische Pharmaindustrie kalt erwischt. Im Bundesland Salzburg dürfen Ärzte nur mehr das jeweils günstigste Medikament unter gleichwertigen verordnen. Formal gilt das ab sofort und in vollem Umfang ab Jänner. Die Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) erstellt dazu Ökonomie-Listen für die Ärzte, ob das in monatlichen oder kürzeren Abständen geschehen wird, ist laut Salzburgs Kassendirektor Harald Seiss noch nicht fixiert.
Der Verband der pharmazeutischen Industrie, Pharmig, hat eine rechtliche Prüfung dieses Alleingangs Salzburgs angekündigt. Denn eines ist klar: Funktioniert das Modell in Salzburg, wird es in ganz Österreich kommen. “Ja, das ist so“, bestätigt Kassenchef Seiss. Und in der neuen Vereinbarung zwischen SGKK und Salzburger Ärztekammer steht auch schon der Hinweis auf eine mögliche österreichweite Vereinbarung zwischen Ärztekammer und Hauptverband. Allein in Salzburg wird das maximale Sparziel durch die Billigstregelung mit vier Millionen Euro pro Jahr angegeben.
Der Salzburger Ärztekammerpräsident Karl Forstner sagt, dass die Ärzteschaft natürlich über ihren Schatten springe, weil die Therapiefreiheit der Ärzte an und für sich ein schönes Gut sei. Aber es gehe nun darum, zu sparen, damit man auch künftig unbedingt nötige teure Medikamente allen Menschen zur Verfügung stellen könne. Forstner betont, dass den Patienten durch die Billigstregelung keine Nachteile erwachsen würden, weil es sich nur um Medikamente mit gleicher Effizienz handle, zudem seien Ausnahmen erlaubt, wenn Patienten ein Medikament etwa nicht vertragen würden. Das Projekt werde zudem von der Privatmedizinischen Universität Salzburg begleitet.
Einem Gesprächsprotokoll über eine Bezirksärzteversammlung am 15. September ist zu entnehmen, dass den Ärzten gesagt wurde, es müsse entweder bei den Arzthonoraren oder den Medikamenten gespart werden. Die SGKK wird heuer einen Abgang von 21 Millionen Euro einfahren, 2010 werden es 36 Millionen Euro sein. “Die Kassen sollen bundesweit 1,7 Milliarden einsparen, ohne dass die Patienten schlechter versorgt sind“, sagt Seiss. Er sei überzeugt, dass die Patienten durch die neue Vereinbarung in Salzburg nicht leiden würden. Aber die Ärzte würden dadurch stärker verpflichtet, günstigere Medikamente zu verschreiben.
Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig, sieht in der Salzburger Regelung den Aufruf zur Zwei-Klassen-Medizin. “Denn nicht jeder Patient wird sich das gefallen lassen.“ Auch die Therapietreue der Patienten werde dadurch untergraben. Im Gesprächsprotokoll der Ärzteversammlung steht: “Sollte der Patient auf ein Original bestehen, so ist er in jedem Fall umzustimmen, oder er muss es selbst bezahlen.“
Die Pharmaindustrie prognostiziert eine Preisspirale nach unten, bei der kleinere Generika-Unternehmen unter die Räder kommen und weniger Geld für Forschung und Entwicklung übrig bleiben würden.
Den Pharmig-Generalsekretär ärgert das Salzburger Modell vor allem deshalb, weil die Industrie nicht einmal vom Vorhaben informiert worden sei und gerade heuer die Medikamentenkosten stagnierten. Die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre hätten zudem zu zwei Drittel aus der Menge der Verschreibungen resultiert. Dafür sei sicher nicht die Pharmaindustrie verantwortlich, sagt Huber. Die Pharmig lässt nun rechtlich prüfen, ob die Salzburger Regelung dem Rahmen-Pharmavertrag des Hauptverbands widerspricht und den Erstattungskodex für Medikamente, der bundesweit gilt, unterläuft. In Salzburg heißt es dazu, der Kodex werde durch die “Ökonomieliste“ nur präzisiert, alles sei rechtlich geprüft.
Ein Pongauer Allgemeinmediziner, der sich wegen der aufgeheizten Stimmung nicht namentlich äußern möchte, sieht die neuen Sparpläne kritisch: “Natürlich haben wir Verantwortung zum Sparen, die nehmen wir auch wahr. Aber in der Medizin ist das Gleiche eben nicht immer das Gleiche. Ich habe mehrere Patienten auf ein Generikum gegen Bluthochdruck umgestellt, und es hat nicht funktioniert. Was soll ich nun tun?“, fragt er. Vor allem bei Psychopharmaka sehe er viele Risken. Halten sich die Salzburger Ärzte künftig nicht an die “Ökonomieliste“, drohen ihnen Gespräche mit der Kasse, Schadenersatzleistungen oder gar der Verlust des Kassenvertrags.
Quelle:
2. Oktober 2009 | 09:42 | | Karin Zauner (SN).
SN/SW
http://www.salzburg.com/online/lifestyle...g=&text=&mode=&
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