Schlaganfalltherapie - Infusionsbehandlung allein hilft nur

04.10.2009 22:14
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Ev
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Die Thrombolyse, kurz Lyse, sorgt nach einem Schlaganfall
dafür, dass sich Blutgerinnsel im Gehirn auflösen.



Doch die Mehrzahl der Schlaganfall¬patienten profitiert gar nicht
von dieser Therapie.
Warum dies so ist und welche neuen Konzepte die Versorgung von
Schlaganfallpatienten verbessern können, diskutieren Experten der
Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) im Rahmen von
neuroRAD, ihrer 44. Jahrestagung. Der Kongress findet vom 8. bis zum
10. Oktober in Köln statt.


Ein Schlaganfall ist eine der Hauptursachen für Behinderungen und
Pflegebedürftigkeit im Alter. Auslöser ist meist eine
Minderdurchblutung des Gehirns. Es kommt zu einem vorübergehenden oder
dauerhaften Ausfall von Gehirnfunktionen. Eine Halbseitenlähmung oder
Sprachstörungen können die Folgen sein. Bei einer Lysetherapie
verabreichen Ärzte Betroffenen ein Enzym, das Blutgerinnsel in den
Arterien auflöst. "Der größte Teil der Schlaganfallpatienten kann
jedoch gar nicht mit der Lyse behandelt werden", berichtet Professor
Dr. med. Rüdiger von Kummer, DGNR-Präsident und Leiter der Abteilung
Neuroradiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden.
Hierfür gebe es vielfältige Gründe: Oft erreichen Betroffene die
Klinik erst nach viereinhalb Stunden - dem Zeitfenster, in dem die
Thrombolyse wirkt. In anderen Fällen hat eine Hirnblutung den
Schlaganfall ausgelöst oder kann nicht ausgeschlossen werden, da kein
Computer- oder Magnetresonanztomograph zur Verfügung steht. Auch hier
hilft eine Lysetherapie nicht, da diese die Blutung verstärken würde.

Aber auch bei den Patienten, die heute eine Lysetherapie erhalten,
bleibt der Erfolg in den meisten Fällen aus. "Der Anteil der
Patienten, die dann wirklich einen Nutzen aus der Lysetherapie ziehen,
liegt bei maximal 13 Prozent", so von Kummer im Vorfeld der DGNR-
Jahrestagung.1 "Unter den 87 Prozent, die leer ausgehen, sind
glücklicherweise zwischen 25 und 45 Prozent, die die Behandlung nicht
nötig haben und sich spontan bessern. Doch was ist mit den
verbleibenden Patienten? Wie können wir hier die Behandlung
verbessern", fragt der DGNR-Präsident weiter. So zeigt eine
Lysetherapie nur eine kurzzeitige Wirkung, wenn der Gefäßverschluss
durch eine Arteriosklerose - also verkalkte Gefäßwände - hervorgerufen
wurde. "Da hat sich dann noch ein kleiner Thrombus, also ein
Blutpfropf, draufgesetzt. Diesen kann man mit einer Lysetherapie
vielleicht kurzfristig auflösen. Allerdings wird sich das Gefäß sehr
schnell wieder verschließen", erklärt von Kummer. Deshalb sollte bei
diesen Patienten neben der Lyse auch eine Gefäßerweiterung per
Katheter durchgeführt werden. Diese ließe sich auch zusätzlich durch
einen Stent unterstützen. Es hat sich gezeigt, dass sich die
Rekanalisationsrate mit Hilfe eingeführter kleiner Instrumente
gegenüber der reinen Lyse verdoppeln lässt. "Bei der Behandlung des
Herzinfarkts ist eine invasive Vorgehensweise an den Herzkranzgefäßen
seit Jahren üblich. Wir müssen das Prinzip auch bei der
Schlaganfallbehandlung vermehrt einsetzen", fordert der DGNR-
Präsident, der das Thema auch mit seinen Kollegen auf der Kongress-
Pressekonferenz diskutieren wird.

Welchen Patienten eine Katheterbehandlung helfen würde, lässt sich
nach Auskunft des Neuroradiologen heute gut mit der Computer- und
Magnetresonanztomographie feststellen. Im Vordergrund müsse hier
allerdings die Gefäßdiagnostik stehen. "Die Ursache des Schlaganfalls
sind Gefäßkrankheiten. Doch bislang hat man sich bei der Diagnostik
viel zu sehr auf das Gehirn selbst konzentriert und die Gefäße
vernachlässigt", erklärt von Kummer. Viele Kliniken seien in der Lage,
Diagnostik und Katheterbehandlung ohne große zeitliche Verzögerung
durchzuführen. Bei einigen Patienten mit schweren Hirninfarkten müsse
auch überlegt werden, ob eine Operation sinnvoll sei, bei der die
Schädeldecke zur Druckentlastung geöffnet wird. "Studien zeigen, dass
dadurch eine weitere Ausdehnung des Infarkts verhindert und die
Überlebensfähigkeit des Patienten gesteigert werden kann", berichtet
von Kummer.


Quellenangabe:
1. The ATLANTIS, ECASS, and NINDS rt-PA Study Group Investigators.
Association of outcome with early stroke treatment: Pooled analysis of
ATLANTIS,ECASS, and NINDS rt-PA stroke trials. Lancet.
2004;363:768-774

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften, Medizin - Kommunikation, 05.10.2009 10:55


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