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Für und wider den Heißhunger - Wie ein wenig bekanntes Hormon das
Übergewicht betrifft inzwischen etwa 65 Prozent der Erwachsenen in
Deutschland, rund 20 Prozent sind von Adipositas oder Fettleibigkeit
betroffen. Neben anderen Hormonen wie Insulin spielen auch so genannte
Melanocortine bei der Regulierung des Körpergewichts eine Rolle. Ihre
Bindung an den zugehörigen Rezeptor hat eine appetithemmende Wirkung.
Gleichzeitig existiert ein weiteres Hormon, das sogenannte AGRP, das
bei Bindung an den gleichen Rezeptor appetitfördernd wirkt.
Wissenschaftler um Dr. Andreas Breit und Professor Thomas Gudermann
von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München haben nun
entdeckt, dass AGRP diese Funktion nicht nur durch einen passiven,
sondern durch einen aktiven Wirkmechanismus ausübt. Übergewicht
betrifft inzwischen etwa 65 Prozent der Erwachsenen in Deutschland,
rund 20 Prozent sind von Adipositas oder Fettleibigkeit betroffen.
Neben anderen Hormonen wie Insulin spielen auch so genannte
Melanocortine bei der Regulierung des Körpergewichts eine Rolle. Ihre
Bindung an den zugehörigen Rezeptor hat eine appetithemmende Wirkung.
Gleichzeitig existiert ein weiteres Hormon, das sogenannte AGRP, das
bei Bindung an den gleichen Rezeptor appetitfördernd wirkt.
Wissenschaftler um Dr. Andreas Breit und Professor Thomas Gudermann
von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München haben nun
entdeckt, dass AGRP diese Funktion nicht nur durch einen passiven,
sondern durch einen aktiven Wirkmechanismus ausübt. Die Forscher
hoffen, durch das Verständnis der beteiligten Prozesse in Zukunft
Medikamente entwickeln zu können, die Übergewicht gezielt
entgegenwirken. Die Forschungsgruppe um Breit ist seit September 2008
an der LMU und war zuvor im Institut für Pharmakologie und Toxikologie
der Philipps-Universität in Marburg tätig, wo ein Teil der Arbeiten
durchgeführt wurde. (The Journal of Biological Chemistry, 25.
September 2009).
Die Nahrungsaufnahme und das Körpergewicht werden beim Menschen durch
sehr komplexe Prozesse gesteuert. Dabei ist eine Reihe von Hormonen
von Bedeutung - das bekannteste von ihnen ist das Insulin, das bei
einem Anstieg des Blutzuckerspiegels ausgeschüttet wird. Insulin sorgt
nicht nur dafür, dass die hohe Zuckerkonzentration im Blut abgebaut
wird, sondern signalisiert zugleich dem Körper, dass genügend Energie
aufgenommen wurde - und hat damit einen appetithemmenden Effekt. Eine
ähnliche Funktion besitzt auch das Melanocortinsystem, an dem eine
andere Gruppe von Hormonen beteiligt ist: Die Melanocortine üben ihre
Wirkung am Melanocortinrezeptor (MC-Rezeptor) im Hypothalamus aus -
einer kleinen Region im Gehirn, die Vorgänge wie Körpertemperatur,
Schlaf und Nahrungsaufnahme reguliert. "Ähnlich wie das Insulin haben
auch die Melanocortine einen appetithemmenden Effekt", erläutert Dr.
Andreas Breit, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Walther-Straub-
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der LMU München. "Dieser
ist jedoch unabhängig vom Blutzuckerspiegel und reguliert das
Körpergewicht eher im mittel- bis langfristigen Bereich. Im Prinzip
sorgen Melanocortine dafür, dass das Gewicht über die ganze Lebenszeit
konstant bleibt."
Kommt es aufgrund eines Gendefekts zur Fehlregulation des
Melanocortinsystems, hat dies eine massive Fettleibigkeit zur Folge.
"Man weiß, dass das System durch das Hormon Leptin beeinflusst wird,
das von Fettzellen ausgeschüttet wird", so Breit. "Im Moment wird
diskutiert, dass ein hoher Fettanteil des Körpers das
Melanocortinsystem durcheinanderbringt, so dass die natürliche
Regulation des Appetits nicht mehr funktioniert." Daher ist dieser
Regelkreis ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer
Wirkstoffe, die Übergewicht entgegenwirken können.
Die Forschergrupe um Dr. Andreas Breit und Professor Thomas Gudermann
untersuchten nun, wie ein weiteres Hormon das Melanocortinsystem
beeinflusst. Das "Agouti-related Protein" oder AGRP bindet ebenfalls
an den MC-Rezeptor, hat jedoch die entgegengesetzte Wirkung der
Melanocortine: Es wirkt appetitfördernd. "Bislang wurde angenommen,
dass AGRP lediglich die Bindung der Melanocortine an den Rezeptor
blockiert und daher den Appetit nur passiv reguliert", erklärt Breit.
"Durch unsere Untersuchung ist es nun gelungen, neue Aspekte der
komplizierten Wechselwirkung zwischen Melanocortinen, AGRP und dem MC-
Rezeptor aufzudecken."
In ihrer Studie verwendeten die Biologen und Mediziner eine Zelllinie,
die aus dem Hypothalamus von Mäusen stammt und von Natur aus MC-
Rezeptoren besitzt. Anhand dieser Zellen beobachteten sie, welche
Proteine durch die Bindung der beiden unterschiedlichen Hormone an den
Rezeptor aktiviert werden. "Bisher wusste man, dass Melanocortine beim
Andocken an den Rezeptor sogenannte G-Proteine aktivieren", sagt
Breit. "Nach dem bestehenden Modell hätte AGRP den Rezeptor blockieren
und damit die Aktivierung der G-Proteine verhindern müssen." Zur
Überraschung der Forscher war jedoch genau das Gegenteil der Fall:
AGRP war selbst in der Lage, G-Proteine zu aktivieren.
Dabei hatten Melanocortine und AGRP jeweils Einfluss auf eine
bestimmte Unterart der G-Proteine. "Während die Melanocortine
hauptsächlich G-Proteine vom Subtyp Gs aktivieren, führt die Bindung
von AGRP an den MC-Rezeptor vor allem zur Aktivierung von Gi-
Proteinen", berichtet Breit. "Bislang war man davon ausgegangen, dass
der MC-Rezeptor ausschließlich mit den Gs-Proteinen kommuniziert."
Demnach verhindert AGRP nicht nur passiv die Wirkung der
Melanocortine, sondern übt selbst eine aktive Funktion in der Zelle
aus.
"Die Ergebnisse legen nahe, dass das Melanocortinsystem beim Menschen
sowohl appetithemmende als auch appetitfördernde Prozesse anstoßen
kann", betont Breit. "Daraus ergibt sich in Zukunft möglicherweise die
Chance, Medikamente zu entwickeln, die den Appetit und das
Körpergewicht gezielt regulieren können." Allerdings müsste diese neue
Funktione des Melanocortinsystems vorher in Tiermodellen und
klinischen Studien weiter untersucht werden, betont der Forscher.
(CA/suwe)
Publikation:
"Pertussis toxin-sensitive signaling of melanocortin-4 receptors in
hypothalamic GT1-7 cells defines AGRP as a biased agonist";
Thomas R. H. Büch, Dominik Heling, Ellen Damm, Thomas Gudermann;
Andreas Breit;
The Journal of Biological Chemistry, Band 284 (39), S. 26411-26420;
25. September 2009;
DOI: 10.1074/jbc.M109.039339
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 28.09.2009
17:49
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