Blutwerte machen die Bestimmung des Diabetesrisikos noch präziser

01.09.2009 04:31
avatar  Eveline
#1
Ev
Administrator



... genetische Marker tun dies nicht


Wie ein Forscherteam um Hans-Georg Joost,
wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für
Ernährungsforschung (DIfE), nun zeigt, lässt sich der Deutsche
Diabetes-Risiko-Test durch Blutwerte noch weiter präzisieren.
Insbesondere der Blutzuckerspiegel und der HbA1c-Wert* sowie die Werte
für Blutfette und Leberenzyme verbessern die Vorhersagegenauigkeit des
Tests. Dagegen präzisieren genetische Daten das Testergebnis nicht.
Der erweiterte Test könne besonders für Hausärzte hilfreich sein, um
das Diabetes-Risiko ihrer Patienten genauer einzuschätzen, so Hans-
Georg Joost.


Maßgeblich an der Studie beteiligt waren neben Wissenschaftlern des
DIfE auch Matthias Schulze von der Technischen Universität München
sowie Forscher des Universitätsklinikums Tübingen. Die Forschergruppe
publizierte ihre Ergebnisse am 31. August online in der
Fachzeitschrift Diabetes Care (Schulze et al., 2009; doi:
10.2337/dc09-0197).

Das Diabetes-Risiko präzise zu bestimmen, ist von großem
gesellschaftlichem Nutzen. Denn nur, wenn gefährdete Menschen sich
ihres Risikos bewusst sind, können sie rechtzeitig Gegenmaßnahmen
ergreifen, um der Krankheit entgegenzuwirken. Dies könnte dazu
beitragen, viel persönliches Leid zu vermeiden sowie die finanzielle
Belastung des Gesundheitssystems zu vermindern.

Bereits 2007 entwickelten DIfE-Forscher den Deutschen Diabetes-Risiko-
Test, der im Internet unter http://www.dife.de als Online- oder
Fragebogentest abrufbar ist. Er erlaubt anhand einfacher Angaben zu
Alter, Körpermaßen, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil jedem
Erwachsenen, das persönliche Diabetes-Risiko sehr genau zu bestimmen.

Ziel der Wissenschaftler war, die Vorhersagekraft des Tests noch
weiter zu verbessern. Daher untersuchten sie, welche Blutwerte oder
genetischen Marker hierfür geeignet wären. Grundlage für die
vorliegende Studie bildeten Daten der Potsdamer EPIC**-Studie, wobei
die Forscher 1.962 Blutproben einer Untergruppe analysierten. Dabei
stammten 579 der Blutproben von Menschen, die während der etwa
7-jährigen Beobachtungszeit an einem Diabetes erkrankten. Im Rahmen
der vorliegenden Studie untersuchten die Forscher acht verschiedene,
für den Diabetes-Stoffwechsel relevante Blutwerte und 20 bekannte
Diabetes-Gene.

"Besonders mit den Werten für den Blutzucker und das HbA1c lässt sich
das Testergebnis präzisieren. Die Vorhersagekraft des Tests lässt sich
darüber hinaus noch etwas steigern, wenn man die Werte für das HDL-
Cholesterin, die Triglyceride und für bestimmte Leberenzyme mit
einbezieht", sagt Erstautor Matthias Schulze. "Dagegen beeinflussen
der Wert für den Entzündungsmarker hs-CRP, der Wert für das von
Fettzellen produzierte Adiponektin und die derzeit bekannten
genetischen Marker das Testergebnis nur minimal."

"Nach unserer Studie haben die klassischen Risikofaktoren wie Alter,
Übergewicht, Ernährung und Lebensstil bereits einen so großen
Einfluss, dass der Informationsgewinn hinsichtlich des Diabetes-
Risikos durch die derzeit bekannten genetischen Marker verschwindend
gering ist", erklärt Joost. "Dies liegt vermutlich daran, dass die
genetischen Zusammenhänge viel komplizierter sind als ursprünglich
angenommen. Derzeit gehe ich davon aus, dass die relevanten
genetischen Modifikationen, die das Diabetes-Risiko beeinflussen, noch
nicht identifiziert sind. Nichtsdestotrotz können unsere Daten
Grundlage für eine Vorsorgeuntersuchung Diabetes mellitus sein; der
Hausarzt kann schon jetzt mit unserem Risikotest und einigen Messungen
von Blutwerten das individuelle Diabetes-Risiko seiner Patienten sehr
genau bestimmen."

Hintergrundinformation:

*HbA1c-Wert: Der HbA1c-Wert ist ein Maß für die durchschnittliche
Blutzuckerkonzentration der vergangenen drei Monate.

Typ-2-Diabetes (auch als Alterszucker oder -diabetes bekannt) ist eine
Stoffwechselerkrankung, bei welcher der Körper das selbstproduzierte
Insulin nicht ausreichend nutzen kann. Dadurch wird der
Blutzuckerspiegel erhöht. Ein Typ-2-Diabetes entwickelt sich
schleichend über Jahre, wobei Gefäße und Augen bereits frühzeitig
geschädigt werden können. Zu den schweren Folgeschäden zählen:
Herzinfarkt, Schlaganfall, Blindheit, ein Verlust von Gliedmaßen oder
Nierenversagen.
Beim Typ-2-Diabetes handelt es sich um eine "polygene" Erkrankung. Das
heißt, dass nicht nur ein Gen (Träger von Erbinformation), sondern
mehrere Gene gleichzeitig an der Krankheitsentstehung beteiligt sind.
Derzeit sind mindestens 20 menschliche Gene oder Genregionen bekannt,
die das Risiko, an Diabetes zu erkranken, beeinflussen.

Die **EPIC-Studie ist eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die
Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen
Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind 23
administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000
Studienteilnehmern beteiligt. Die Potsdamer EPIC-Studie mit mehr als
27.500 Studienteilnehmern/innen im Erwachsenenalter leitet Heiner
Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-
Rehbrücke (DIfE).
Bei der Auswertung einer prospektiven Studie ist es wichtig, dass die
Teilnehmer/innen zu Beginn der Studie noch nicht an der zu
untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für eine bestimmte
Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine
Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert
werden kann - ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven
Studien.


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Dr.
Gisela Olias, 01.09.2009 10:02


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!